Daniel N. Seel
Geboren am 11.11.1970 in
Saarbrücken. Studium an der Staatlichen Hochschule für Musik
Karlsruhe bei Günter Reinhold (Klavier), Wolfgang Rihm und Walter
Zimmermann (Komposition), an der Seoul National University in Südkorea
bei Sukhi Kang (Komposition) und in der Abteilung für Traditionelle
Koreanische Musik. Meisterstudium an der Hochschule der Künste Berlin
bei Walter Zimmermann. Meisterkurse bei Elza Kolodin, Edith Picht-Axenfeld
und Peter Feuchtwanger. Studien in traditionellem koreanischem Operngesang
(P´ansori).
Rege Konzerttätigkeit
als Solist in Europa, Korea und den USA. Zahlreiche Uraufführungen
von Werken der Komponisten Roland Aley, Sebastian Claren, Josef Matthias
Hauer, Markus Hechtle, Yong-Shil Park, Andreas Raseghi, Walter Zimmermann
u.v.a. 1996/97 Pianist und Musikalischer Leiter des Regina Baumgart Tanz-Ensembles.
1998 Initiator und Künstlerischer Leiter des "Studio 99 Berlin".
Stipendiat der Studienstiftung
des Deutschen Volkes. Korea-Stipendium der Studienstiftung des Deutschen
Volkes. Stipendiat der Heinrich-Strobel-Stiftung des Südwestfunks.
Award des Yvar-Mikhashoff-Trust for New Music.
Daniel N. Seels kompositorisches
Werk umfasst sowohl Stücke für konventionelle Instrumente (Klavier,
Streich- und Blasinstrumente, Orchester) als auch Kompositionen für
elektronische bzw. computergesteuerte Instrumente.
Daniel N. Seel lebt zur
Zeit in Mandelbachtal-Habkirchen und in Il-San, Südkorea.
Herangang
II
Entstanden in Karlsruhe-Seoul
1993-95, rev. Habkirchen 1997/99.
Nachdem ich im Jahre 1993
das Klavierstück "Herangang" über das gleichlautende, kürzeste
Heraklit-Fragment mit einem offenen Ende abgeschlossen hatte, setzte sich
in meinem Kopf ein Klang fest, den ich in den folgenden zwei Jahren (ebenfalls
für "Handspielklavier") in der Zeit entfalten wollte, wobei zahlreiche
Blätter mit einer Art ultravirtuoser Minimal-Musik beschrieben wurden,
die ich nach und nach allesamt verwarf, da sie nicht "auf den Punkt kamen",
nämlich jenen, den "verinnerlichten" Akkord in einer Weise in ihm
angemessenen Geschwindigkeiten darzustellen, dass er sozusagen von
verschiedenen Hörwinkeln aus in Ohrenschein hätte genommen werden
können.
1995 bot sich schließlich
die Möglichkeit, anläßlich der Karlsruher "multimediale"
und der Baden-Württembergischen Hochschultage ein Stück für
den Bösendorfer SE-Computerflügel zu erarbeiten, und so entstanden
die ersten beiden Versionen von "Herangang II", der dreiminütige Ausschnitt
"Homer war Astrolog" (ein weiteres Heraklit-Zitat in der Übersetzung
Bruno Snells), und die komplette Fassung mit einer Dauer von circa elf
Minuten.
Wie so oft in meiner Musik,
geschah auch hier der Durchbruch der Komposition durch den Verzicht auf
alles Überflüssige. Übrig blieben lediglich der Akkord im
mittleren Register und seine Aufwärtsarpeggierung über die gesamte
Klaviatur, sowie die Verlangsamung eines repetitiven Prozesses hin zu immer
größerer Transparenz über zahlreiche unkalkulierbare und
sich farblich stets ändernde Zwischenstufen. Da sonst nichts weiter
geschieht (bis auf das Ende) hat man viel Zeit, in die Resonanzen des Klaviers
hineinzuhorchen.
Jürgen Hocker, der
bei der Karlsruher Uraufführung des Stückes anwesend war, regte
an, neben anderen Originalkompositionen auch eine Fassung von "Herangang
II" für das Player Piano herzustellen. Vieles von dem, was der Computerflügel
nicht kann, ist mit zwei Player Pianos realisierbar. So ist denn in drei
Etappen (1997/1999/2000) ein weiteres Stück entstanden, das ein stufenloses
ritardando enthält, deutlich anders klingt als die Version für Computerflügel
und zudem auch noch auf die Gesamtspielzeit von genau 11’11’’ kommt.
Daniel N. Seel
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